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Unsere Forderungen an die Politik

Auf dem Weg zu einer neuen Normalität mit dem Ziel einer sozial gerechten und solidarischen Gesellschaft präsentieren der Caritasverband der Erzdiözese München und Freising e.V. sowie seine rund 100 katholischen Fachverbände und angeschlossenen Träger einen umfangreichen Forderungskatalog an die Politik. 

Forderungen

  • Deshalb brauchen wir eine Pflegereform, die diesen Namen verdient. Der Beifall für das Pflegepersonal muss nun konkrete Veränderungen nach sich ziehen. Klatschen allein genügt nicht, um die pflegenden Berufe attraktiver zu machen. Außerdem wird das Pflegesystem immer teurer, obwohl es etliche Lücken aufweist. 
     
  • Gute Pflege braucht gute Arbeitsbedingungen für Pflegende. Die im Juni im Bund auf den Weg gebrachte Pflegereform mit gesetzlich verpflichtender Tariftreue ist ein erster richtiger und wichtiger Schritt. Es darf nicht nur um Mindestlöhne gehen. Wir empfehlen die Caritas-AVR als Vorbild und Maßstab für alle pflegenden Arbeitskräfte inklusive Arbeitszeitregelungen, Zuschläge, Zusatzversorgung, betriebliche Altersvorsorge, Besinnungstagen und vieles mehr. Beim AVR ist außerdem immer schon die Gleichstellung von Frauen und Männern selbstverständlich. Nur Pflegeanbieter, die allen Beschäftigten Tariflöhne zahlen und tarifliche Leistungen analog zu den AVR gewähren, dürfen zugelassen und von den Kassen refinanziert werden. 
     
  • Bessere Arbeitsbedingungen heißt nicht nur gutes Gehalt, wie es die Caritas mit den AVR seit Jahrzehnten zahlt. Wir brauchen mehr Personal für eine qualitativ gute Pflege mit mehr Stellen in den pflegenden Berufen, um Schichtpläne zu entzerren. Es braucht auch mehr Beschäftigte in den unterstützenden Berufen wie Alltagsbegleitung und soziale Betreuung, Hauswirtschaft, Haustechnik und Verwaltung, um Pflege-. und Pflegehilfskräfte von pflegefremden Leistungen zu entlasten. Wir sollten auch an die denken, die nicht immer im Fokus stehen. Kann die Arbeit auf mehr Schultern verteilt werden. Das entlastet die in der Pandemie besonders geforderten pflegenden Kollegen/-innen. Es gehört auch zur Wertschätzung und Würdigung des außergewöhnlichen Einsatzes der Beschäftigten in Alten- und Pflegeheimen. 
     
  • Pflege muss bezahlbar sein, d.h. die Heimkosten müssen sinken. Ziel ist, die Finanzierung der Pflege auf verlässliche Füße zu stellen, z.B. mit einer Pflege-Vollversicherung sowie einem gedeckelten Eigenanteil für Pflegebedürftige. Dies muss mit Beginn der nächsten Legislaturperiode sofort in Angriff genommen werden. Es darf nicht sein, dass Pflegebedürftige die Zeche einer guten Pflegereform zahlen, in die Pflegearmut rutschen und erstmals den für sie demütigenden Gang zum Sozialamt antreten müssen. Der ins Spiel gebrachte Bundeszuschuss in Höhe von 1 Milliarde Euro aus dem Bundeshaushalt wird angesichts der demografischen Herausforderungen einer älter werdenden Gesellschaft zu wenig sein. Schon heute ist jede/r dritte Pflegebedürftige nicht mehr in der Lage, die Kosten für die stationäre Versorgung selbst aufzubringen. 
     
  • Diskutiert werden muss, ob künftig nicht nur Kinderlose mit einem zusätzlichen Obolus ihren Beitrag leisten, sondern ob nicht alle Einkommensarten beitragspflichtig gestellt werden sollten (z. B. auch Mieten und Kapitalerträge). 
     
  • Von der Politik vergessen wird leider immer wieder die häusliche Pflege. Drei Viertel aller Pflegebedürftigen wird von ihren Angehörigen versorgt, im Schnitt gut 8 Stunden pro Tag. Hilfsangebote sind knapp. Es mangelt an allem: Pflegestützpunkte, Plätze in der Tages-, Kurzzeit- und Nachtpflege. Hier muss mehr investiert werden. Für pflegende Angehörige, überwiegend Frauen, fehlt ein finanzieller Ausgleich für den Einkommensausfall, der Rentenanspruch ist gering. Pflege und Beruf sind kaum zu vereinbaren. 

Die Politik hat oft nur die Förderung der MINT-Berufe (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) im Blick. Die Corona-Krise hat gezeigt, dass die SAGE-Berufe, also Care-Berufe, besonders wichtig und systemrelevant sind. Das Akronym SAGE steht für Soziale Arbeit, Gesundheit und Pflege sowie Erziehung und Bildung. Es geht um personenbezogene soziale Dienstleistungen, die helfen und integrieren, heilen und pflegen, Menschen entwickeln, für ihr Wohlbefinden und ihre Persönlichkeitsbildung sorgen. Sie gelten als typische Frauenberufe (Sozialarbeiterinnen, Alten- und Krankenpflegerinnen, Betreuerinnen, Erzieherinnen, Lehrerinnen etc.) – schlecht bezahlt und wenig wertgeschätzt. Es ist kein Wunder, dass die SAGE-Berufe unter einem zunehmenden Fachkräftemangel leiden. 
 

  • MINT und SAGE sind notwendig und gleichwertig. Noch ist das in vielen Köpfen nicht angekommen, wie Gender Pay Gap und Gender Pension Gap eindrucksvoll bestätigen. Das muss sich ändern. '
     
  • Politik, Gesellschaft und Tarifpartner müssen endlich anerkennen, dass diese Berufe den Zusammenhalt der Gesellschaft sicherstellen und einen hohen Stellen-Wert haben. Technik, die Tonnen trägt, wird gefeiert. Pflegende, die im Laufe ihres Berufslebens oder als Angehörige ebenfalls schwere Lasten tragen, werden geringer geschätzt als Angehörige technischer Berufe. Auch das muss sich ändern! SAGE-Berufe müssen attraktiver werden, sowohl was die Bezahlung als auch was die Arbeitsbedingungen betrifft, damit sich Frauen und Männer für einen Beruf entscheiden, bei dem der Mensch im Mittelpunkt steht. 
     
  • Kompetenzprofile statt starrer Vorgaben. Alle Mitarbeitenden müssen für die jeweilige Tätigkeit entsprechend qualifiziert sein. Durch die Vielzahl der Studiengänge und den generellen Fachkräftemangel sind strikte Vorgaben nach Berufsgruppen in vielen Bereichen mittlerweile kontraproduktiv. Im Sinne von „Kompetenzprofilen“ sollten die Vorgaben der Kostenträger und Heimaufsichten zu Qualifikation und Ausbildung des geforderten Personals praxistauglich angepasst und gehandhabt werden. 
     
  • Für die Fort- und Weiterbildung sozialwirtschaftlicher Berufe muss ein Schutzschirm aufgebaut werden, der die Auswirkungen der staatlichen Maßnahmen zur Pandemie-Eindämmung neutralisiert. 
     
  • Darüber hinaus müssen mehr Ressourcen für die Ausbildung und die laufende Fort- und Weiterbildung zur Verfügung stehen. Die berufliche Bildung darf in der Finanzierung gegenüber Hochschulen nicht zurückbleiben. 

In der Corona-Krise wurde überdeutlich, dass die Interessen von Familien, Kindern und Jugendlichen unter die Räder kamen. Dies muss schleunigst aufgearbeitet werden, denn Familien, Kinder und Jugendliche brauchen mehr Unterstützung. 
 

  • Wir fordern Berlin auf, die finanziellen Rahmenbedingungen für den Bundesfreiwilligendienst (BFD) und das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) aufzustocken. Jetzt! 
     
  • Junge Menschen haben nun ihre Schulabschlüsse in der Tasche und suchen berufliche und persönliche Orientierung. Der Bundesfreiwilligendienst und das Freiwillige Soziale Jahr bieten das. Warum also nicht 50 Stellen mehr in der Erzdiözese München-Freising schaffen? (Beim Doppel-Abitur-Jahrgang vom Übergang vom G9 zu G8 ging es ja auch.) 
     
  • Kitas besser ausstatten für mehr Bildungsgerechtigkeit und bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Rahmenbedingungen müssen so ausgestaltet sein, dass der Bayerische Bildungs- und Erziehungsplan dauerhaft gut und qualitätsvoll umgesetzt werden kann und die Familien gut begleitet werden können. 
     
  • Wir fordern, dass Kindertageseinrichtungen als gesetzliche Pflichtaufgabe vollumfänglich über den BayKiBiG-Zuschuss (Basiswert!) finanziert werden, um Bildungsgerechtigkeit für alle Kinder, unabhängig von der Finanzkraft der Kommune, zu erreichen. Dazu muss der Basiswert um mindestens 30 Prozent erhöht, der gesetzliche Anstellungsschlüssel auf 1:9 gesenkt werden. Die Refinanzierung muss dementsprechend angepasst werden. Fallen für die Kita zusätzliche Aufgaben der öffentlichen Hand an, muss diese Verwaltungstätigkeit extra finanziert werden. 
     
  • Gut ausgebildete Erzieher/-innen und Pädagogen/-innen fordert der Staat, um seine Zusagen gegenüber den Bürgern/-innen halten zu können. Die Beteiligung des Staates an den schulischen Ausbildungskosten lässt demgegenüber viel zu wünschen übrig. Wir fordern: Der Staat muss die Kosten von pädagogischem und erziehendem Personal zu 100 Prozent übernehmen. Auch Miet- und Sachkosten sind zu refinanzieren. 
     
  • Die Einrichtungen des Jugendwohnens, die Berufsschüler/-innen während des Blockunterrichts beherbergen und betreuen, wurden von der Pandemie besonders hart getroffen. Bis heute greift kein Rettungsschirm zur Deckung der hohen Einnahmeausfälle als Folge der Schließung der Berufsschulen bzw. des eingeschränkten Schulbetriebs. Es müssen endlich Lösungen gefunden werden, damit das Jugendwohnen als Garant der dualen Berufsausbildung erhalten bleibt und auch in Krisenzeiten die notwendige finanzielle Unterstützung erhält.