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Starke Frauen prägen die Caritas

Zeitschrift Sozialcourage, München, 22.08.2022

Reportage Sommer 2022 

Fast hundert Jahre hat es gedauert, bis mit Gabriele Stark-Angermeier am 1. März 2018 erstmals eine Frau hauptberufliche Caritas-Vorständin wurde. Doch Frauen haben bereits entscheidend zur Entstehung des Caritasverbands der Erzdiözese München und Freising beigetragen und die Arbeit der Caritas in 100 Jahren wesentlich geprägt: als Mitarbeiterinnen, Ehrenamtliche oder Ordensschwestern, in den Kindergärten und Sozialstationen, in der Flüchtlingshilfe und der Pfarrcaritas,  bei Nachbarschaftshilfen, in der sozialen  Beratung und der Arbeit mit Menschen mit Behinderungen, in der Bildungsarbeit an den beruflichen Schulen und als ehrenamtliche Vorstandsfrauen. Stellvertretend für viele zehntausend Frauen in 100 Jahren Diözesan-Caritasverband bis heute seien hier einige wenige vorgestellt. 
 
Ellen Ammann – Wegbereiterin der modernen Sozialarbeit (1870-1932) 
Die gebürtige Schwedin kam 1890 nach München und gründete bereits 1895 den Marianischen Mädchenschutzverein, den heutigen Katholischen Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit IN VIA und 1897 die Katholische Bahnhofsmission, beides später Fachverbände des Diözesan-Caritasverbands. Ab 1909 begann sie eine der ersten Ausbildungsstätten für Soziale Arbeit aufzubauen. „Soziale Arbeit darf nicht im Dilettantentum stecken bleiben, denn sie ist verantwortungsvolle Arbeit am Menschen, mehr wie jede andere“, war Ellen Ammann überzeugt. Ihre sozial-karitative Frauenschule wurde 1970 in die heutige Katholische Stiftungshochschule München integriert. Als eine der ersten Frauen gehörte Ellen Ammann dem Bayerischen Landtag an (1919-1932) und vertrat dort die Tätigkeitsbereiche Jugend- und öffentliche Fürsorge, Gesundheitswesen und Wohlfahrt. 
 
Frauen im Caritasvorstand gab es von Anfang an 
Während die Arbeit in sozialen Diensten der traditionellen Rolle der Frau nahelag, mussten leitende Funktionen hart erkämpft werden. 83 Prozent der Mitarbeitenden sind heute Frauen, jede dritte Führungskraft in der ersten Entscheidungsebene ist eine Frau, immerhin 50 Prozent sind in der zweiten Führungsebene vertreten. Es mag überraschen: Doch von Anfang an waren Frauen auch im Vorstand aktiv, allerdings bis zur Satzungsänderung 1992 ausschließlich ehrenamtlich. So sind bereits 1909 fünf Frauen als Vorstandsmitglieder im Stadtverband, dem Vorläufer des Diözesan-Caritasverbands, erwähnt. 
 
Thea Schroff – Einsatz für Frauen in Not (1926-2002) 
Engagierte Christinnen wie Thea Schroff, Hanna Stützle oder Marianne Strauß setzten entscheidende Impulse im Caritasverband: Die 1926 geborene Schroff gründete 1951 den heutigen Sozialdienst Katholischer Frauen (SKF) als „Katholischer Fürsorgeverein für Frauen, Mädchen und Kinder". Die Sozialpädagogin kümmerte sich um den Aufbau von Caritas-Kreisstellen, Mutter-Kind-Einrichtungen und örtlichen Verbänden, sie schulte ehrenamtliche Vorstände und setzte sich 1962 für den gesetzlichen Rechtsanspruch auf Sozialhilfe ein. Als geschäftsführendes Vorstandsmitglied (1971-1992) kämpfte Schroff für die Einrichtung der Bayerischen Schwangerenberatungsstellen. Der damalige Caritasdirektor Prälat Peter Neuhauser erinnert sich an Thea Schroff „als Urgestein in der Frauenarbeit“. Lohn der Arbeit: 1980 erhielt sie den Bayerischen Verdienstorden. Die 1918 geborene Emma von Axthalb war von 1987 bis 1992 Caritas-Vorstandsmitglied und intensivierte in den 1980er-Jahren als Vorsitzende des SKF die Arbeit für obdachlose Frauen. 
 
Marianne Strauß – ein Herz für Menschen mit Behinderungen (1930-1984) 
Marianne Strauß begleitete in ihrer Zeit im Caritas-Vorstand (1979-1984) regelmäßig Menschen mit Behinderungen auf Ausflügen mit dem Sonnenzug. Bayerns Landesmutter stand mit der Caritas-Sammelbüchse in der Fußgängerzone vor St. Michael. Der damalige Vertreter des Regionalteams München im Caritasvorstand und spätere Caritasdirektor Peter Neuhauser erinnert sich: „Einmal hab‘ ich in der Zeitung gelesen, dass Ministerpräsident Franz Josef Strauß eine für die Caritas und ihre Schutzbefohlenen nachteilige Änderung im Sozialhilfegesetz eingebracht hat. Das hab‘ ich seiner Frau im Caritasvorstand g’sagt. Sie hat wohl bei ihrem Mann dagegengewirkt, so dass der Passus wieder rausg‘strichen worden ist.“ Er habe Marianne Strauß als sehr angenehm, sehr klar in der Formulierung empfunden. „G’scheit war s‘, eine Stütze im Vorstand.“ 
 
Ehrenamtliche in Caritas und Kirche 
Das Engagement von Frauen (und Männern) in der Sozialen Arbeit der Caritas ist in ihrem christlichen Selbstverständnis begründet. Unzählige Heilige und Heiligmäßige haben sich in mehr als 2.000 Jahren aus christlicher Nächstenliebe Hilfe suchender Menschen angenommen. Die Heilige Elisabeth von Thüringen hat sich ebenso um Arme und Hilfsbedürfte gekümmert wie Ordensschwestern in karitativ tätigen Frauenorden. Zahlreiche karitativ tätige Vereine sind dem Caritasverband angeschlossen. 
 
Hanna Stützle – Einsatz für Caritas und Kirche (1931-2014) 
Durch das Zweite Vatikanische Konzil rückte der soziale Auftrag der Pfarrgemeinden stärker in den Fokus. Hanna Stützle baute als Vorsitzende des Diözesanrats der Katholiken (1982-1998) und Mitglied des Caritasvorstands (1987–1992) Brücken zwischen Pfarrcaritas und verbandlicher Caritasarbeit. Mit großem Engagement habe sie „das kirchliche Leben im Erzbistum aktiv mitgestaltet. Ihr besonderes Augenmerk galt Menschen in Not, sowohl in persönlicher Zuwendung als auch im Aufbau entsprechender Einrichtungen“, würdigt im Nachruf das Erzbistum. 
 
Auszeichnung herausragenden Engagements im Sinne Pater Rupert Mayers 
Seit 1989 zeichnete der Caritasverband der Erzdiözese München und Freising auch einige Frauen

für ihr herausragendes ehrenamtliches Engagement im Sinne des Caritaspatrons Pater Rupert Mayer mit einem Ehrenzeichen in Gold aus: darunter die Armen Schulschwestern für das Caritas-Sammeln (2011) und zwei langjährige ehrenamtliche Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Caritas & Soziales: Margarete Kallisch (2008) und Hilga Wolf (2019). 
 
Text: Manuela Dillmeier
 
Alle Infos zum Jubiläum auf www.100-jahre-nah-am-naechsten.de

  • Geschichten aus dem Caritas-Sonderreport 
  • Digitale Ausstellung zur historischen Entwicklung des Diözesan-Caritasverbands mit Schmankerln aus dem Archiv! 
  • Ausstellung und Multimedia-Clip „Auf Augenhöhe“ von Herlinde Koelbl mit 73 Porträts von Mitarbeitenden und Klienten/-innen, produziert anlässlich des Ökumenischen Kirchentags 2010 in München. 
  • Veranstaltungen, Aktionen vor Ort und vieles mehr 
von Zeitschrift Sozialcourage